Björkängs Fisk - Das Beste und sonst nichts
Mikael ist ein besonderer Mensch. Schon bei unserem ersten Besuch bei Björkängs Fisk, dem besten Fischladen der Gegend, mag ich ihn. Er lacht und scherzt mit seinen Kunden, wirkt wie ein Mensch, der rundum glücklich ist mit dem, was er tut. Und er verkauft uns den besten Fisch, den wir bislang auf der Reise gegessen haben.
Deshalb frage ich ihn bei unserem zweiten Besuch im Laden, ob ich ihn mal besuchen darf, einen halben Tag mitarbeiten. “Klar”, sagt er mit einem Lächeln. “Donnerstagmorgen um acht geht’s los.”
In Patricks Tüte ist der beste Fisch, den wir auf der Reise essen.
Donnerstagmorgen um kurz nach acht fahre ich auf den gekiesten Hof vor dem Fischladen und bin aufgeregt. Mikael und seine Mitarbeiterin Beatrice begrüßen mich fröhlich. Beatrice ist Jahrgang 1971 und bei Mikael anfing. Ihre hellen, blonden Haare hat sie zu einem Zopf zusammengebunden, um die Augen viele kleine Lachfältchen.
Mikael ist groß, seine Brille hat er meist auf die Stirn geschoben. Im linken Ohr trägt er ein Headset, um nebenbei Anrufe von Kunden oder Lieferanten annehmen zu können. Er trägt wie Beatrice eine orangefarbene, wasserdichte Fischerhose.
“Wir kennen alle Boote, von denen wir Fisch kaufen”
“Jetzt bist du da und wir haben keinen Fisch,” sagt Mikael. Der starke Wind hat die Fischer gestern gezwungen, im Hafen zu bleiben. “Sie konnten erst heute früh raus. Gegen zehn müsste eine Ladung kommen. Kaffee?” fragt Mikael.
Gerne. Dazu gibt es Brötchen mit dem hausgemachten Aufstrich aus Krabben, Crême fraîche, und Dill. Mikael nimmt einen Schluck und beginnt zu erzählen. Die Schule war nichts für ihn. Er und sein Bruder waren froh, sie nach den Pflichtjahren zu verlassen.
Lange dauert’s heute bis wir mit der Arbeit anfangen können. Dann endlich kommen die frischen Fische.
Das Fischen hatten die beiden von ihrem Vater gelernt, so kauften sie sich 1998 ein Boot und arbeiteten jahrelang zusammen. Vor sechs Jahren begannen sie damit, ihren Fang selber zu verkaufen, aus dem Kühlraum hinaus.
“Vor zwei Jahren haben wir dann den richtigen Laden aufgemacht”, sagt Mikael. Hier verkaufen sie nur das Beste, was Bruder Matthias aus dem Meer zieht und von ausgewählten anderen Fischern. “Wir kennen alle Boote, von denen wir kaufen”, sagt Mikael. “Manche Fischer haben keinen Respekt vor den Tieren. Für die sind sie nur irgendwas zum Geld verdienen”, sagt er. Und dann gibt es da noch die competition boats, wie er sie nennt. Denen geht es um Menge und nicht um Qualität. Wer hat auf dem Kai den größten Stapel Fischkisten? Auch mit ihnen arbeiten sie nicht zusammen.
Mikael überprüft die Ware mit kritischem Blick. Taugt sie nichts, wird er sie nicht verkaufen - dann macht zum Beispiel ein befreundetes Restaurant einen Fond daraus.
Mittlerweile fährt Mikael nicht mehr mit hinaus zum Fischen. Von Montag bis Donnerstag verarbeitet er die Fänge, räuchert, legt ein, filetiert, bis dann am Freitag und Samstag der Laden öffnet. “Das ist für mich die Belohnung für die Arbeit an den anderen Tagen”, sagt er. “Ich liebe es einfach, mit den Menschen zu sprechen.”
Ich frage ihn, ob er nicht das Meer vermisst, die Arbeit unter freiem Himmel - und erwarte eigentlich eine romantisch-verklärte Antwort. Aber Mikael grinst nur. “Nö”, sagt er. “Mir war immer kalt. Neun Monate im Jahr haben meine Hände gefroren. Ich mag das Verarbeiten, den Kontakt mit den Menschen hier viel lieber.”
Es ist zehn Uhr und ein Kühlwagen rollt auf den Hof. Frische Fische! Mikael rollt palettenweise Schellfisch, Dorsch, Pollack, Seehecht, Seewolf, Lengfisch und Makrele in den Kühlraum. Die werden morgen früh filetiert und für den Verkauf vorbereitet. Jetzt kochen wir Krebse. Die leben noch, sind von der niedrigen Temperatur im Kühlwagen aber ziemlich dösig. Mikael schiebt sich die Brille auf die Nase und prüft die Tiere. “Sehen gut aus”, sagt er. “Schau, viel Fleisch.”
Er kippt sie in einen großen Korb, bringt Wasser zum Kochen - und taucht den Korb hinein. Nach einigen Minuten schäumt es, dann noch 90 Sekunden, dann müssen die Tiere hinaus. Mikael spült sie mit kaltem Wasser ab und knackt die Schalen. Wir probieren ein paar. Köstlich.
Nach dem Kochen legt Mikael die Krebse ein. Am nächsten Tag werden sie wundervoll schmecken.
Sobald sie abgekühlt sind, legt Mikael die Krebse in ein Gemisch aus Wasser, Salz, einer Prise Zucker und ordentlich Dill. Bis morgen ziehen sie durch und werden dann köstlich schmecken. Ich frage, ob er mir zeigt, wie man Fische filetiert. “Klar”, sagt er und lächelt. “Wir fangen mit Makrelen an, die sind einfach.”
Tatsächlich. Hinter den Kiemen einen Schnitt setzen, bis zur Mittelgräte schneiden, dann das Messer drehen und sanft bis zum Schwanz durchziehen. Naja, meine Filets sehen nun nicht so aus, als könne man sie in die Verkaufstheke legen. Der Lengfisch, den wir danach bearbeiten ist komplizierter, das Fleisch nicht so fest wie bei der Makrele. “Eigentlich läuft es immer gleich ab, aber jeder Fisch hat ein paar Besonderheiten. Ich mag diese Arbeit. Man muss aufmerksam sein, aber kann sich trotzdem nebenbei unterhalten”, sagt er.
Mikael arbeitet mit ruhiger Hand. Patrick versucht, es ihm nachzumachen. Klappt bei der Makrele schon ganz gut.
Es ist Mittagszeit, die schwedische Sommersonne steht hoch am Himmel, als ich mich von Mikael und Beatrice verabschiede. Nur eine Frage habe ich noch zum Schluss.
“Mikael, du wirkst auf mich wie ein glücklicher Mensch. Stimmt das?”
“Ja klar”, sagt er mit einem verschmitzten Grinsen. “Alles andere macht ja keinen Sinn, oder?”