Spaniens Norden – unser Wahnsinnsritt zur Fähre
Über uns baumeln Schinkenbeine. An den Wänden hängen gerahmte Bilder von lokalen Fußballhelden. Und hinter der Theke stehen zwei ältere Herren, die mit großer Würde hauchzarte Scheiben Jamon absäbeln und roten Wein in große Gläser füllen. Willkommen zurück in Spanien. Wir sind in León, das liegt etwa 400 Kilometer entfernt von Porto. Wir sind spät dran, haben die Zeitumstellung in Spanien vergessen. Außerdem haben alle schlechte Laune, weil wir nicht richtig zu Mittag gegessen haben. Also nichts wie rein in die nächste Bar, wo mit jeder Scheibe Schinken und jedem Schluck Limonade das Lächeln in die Gesichter der Kinder zurückkehrt.
Schinken, Rotwein, Limonade: es braucht gar nicht viel, um uns in Léon glücklich zu machen.
León, einstige Hauptstadt des Königreichs León, ist fantastisch. Alte Häuser, enge Gassen und eine gotische Kathedrale. Wir wohnen in einem Pilger-Hostel mitten in der Altstadt. León ist eine der Hauptstationen auf dem Jakobsweg, zu anderen Zeiten ist es hier bestimmt voll. Aber jetzt, kurz vor Weihnachten, sehen wir weder Pilger noch Touristen weit und breit.
Weiter geht’s nach Burgos
Patrick hat über den Guide Michelin die Tapasbar Marcela Brasa y Vinos gefunden. Warum nicht ausprobieren? Der Laden ist rappelvoll. Jeder Tisch belegt mit schicken Spaniern, die lauter leckere Dinge essen. Wir treten ein, mit Wanderschuhen und Kapuzenpulli. Doch was sollen die Äußerlichkeiten? Wir bekommen den besten Tisch und werden sofort von Jamal begrüßt. Ein Marokkaner, der seit mehr als 20 Jahren in León lebt. Er empfiehlt uns die „Tabla de embutidos Leóneses“, zu deutsch Leóns Wurstplatte, und dazu die hausgemachten Croquetas. Die Kinder nehmen Hamburguesas. Und Fine bekommt patatas bravas. Die stehen zwar nicht auf der Karte, aber Jamal hat ihren Wunsch gehört und erfüllt ihn mit einem Lächeln. Genauso wie den Jakobs, unter dem Tisch zu essen. Dem Jüngsten ist gerade alles zu viel und er möchte die laute Bar gerade gerne ausblenden - für Jamal kein Problem. Er hat selbst eine vierjährige Tochter und versteht alles.
Wir wissen nicht, was das für ein Brauch ist. Aber die Menschen aus Burgos lieben diesen Riesen, die Kinder gruseln sich ein wenig.
Am nächsten Tag geht es nach Burgos. Vom Apartment aus können wir die Kathedrale sehen. In der Markthalle um die Ecke gibt es gleich acht Schlachter. Hier kriegt man alles vom Fuß bis zum Hirn. Die Spezialität: Milchlamm aus dem Holzofen. Es darf nicht älter als 30 Tage sein und ausschließlich mit Muttermilch genährt werden. Oder Morcilla, Blutwurst mit Zwiebeln, Gewürzen und Reis. Wir halten uns dann doch an den Schafskäse.
Unscheinbar und doch Annas Lieblingsort in Burgos: das Dulce Café.
Ich verliebe mich in das kleine Dulce Café, wo wir den Appartmentschlüssel abgeholt haben. Senora Clara hat eine tiefgerauchte Stimme und steht Tag für Tag von morgens bis abends in ihrem Laden, in dem es Süßigkeiten aller Art gibt. Nougat, Pralinen, süße Teilchen, Bonbons und riesige Lutscher. Morgens, wenn die anderen noch schlafen, schleiche ich mich hinunter, trinke Café con leche an der winzigen Theke und und rede mit den Einheimischen über das Wetter und den Verkehr. Oder höre einfach nur zu. Während draußen Nebelschwaden vorbeiziehen und ein eiskalter Wind pfeift.
Zaragoza ruft, wir müssen weiter
Keiner von uns hat Lust, Burgos zu verlassen. Doch wir müssen Strecke machen, damit wir die Fähre in Barcelona erwischen. Unser nächstes Ziel ist Zaragoza, das kenne ich schon von vorherigen Reisen. Wir haben eine Wohnung direkt an der Kathedrale auf der Plaza de Nuestra Señora del Pilar. Normalerweise ist das eine ruhige Lage, doch jetzt ist Weihnachtsmarkt. Überall sind Stände, Menschen schieben sich vorbei, die Kinder wollen aufs Karussell und als wir das geschafft haben, ist uns der Rummel zu viel.
Ein letztes Mal Churros mit Chocolate. Noch zwei Mal schlafen, dann verlassen wir Spanien.
Um die Ecke in der Calle Prudencia gibt es eine Churreria (Tipp von meiner Freundin Nina, die oft in Zaragoza ist). Wir bestellen eine große Portion Churros mit Chocolate. Sie sind wirklich gut, aber Fine und Lotti bleiben dabei: Die besten Churros gab es in Sevilla.
Barcelona. Endlich.
Und dann sind wir endlich in Barcelona, im Künstler- und Studentenviertel Gràcia. Unsere Unterkunft liegt in der Carrer de Perre Serafi und ist die schönste, die wir bislang hatten. Sie hat vorne einen Balkon und hinten eine Terrasse mit gemütlichen Sesseln. Es gibt eine freistehende Badewanne und eine eigene Etage für die Kinder. Jakob findet sofort eine Kiste mit Spielsachen, darin ein Zettel: “Wir sind mit unseren Eltern auf Weltreise und wissen, wie doof es ist, in einer neuen Wohnung anzukommen und keine Spielsachen zu haben. Also viel Spaß mit unseren.”
Nun gut, eine Mütze und etwsa Daune braucht es schon. Trotzdem: es ist Dezember und wir können abends draußen ein Glas Wein trinken. Das ist schon schön!
Die Straßen sind schmal, es gibt Buchläden, Antiquariate, kleine Modegeschäfte, Bäckereien und viele kleine Plätze. Auf der Plaza del Sol gibt es einen Spielplatz und eine nette Tapasbar. Der Kellner spricht katalanisch und englisch, bringt uns eine Tortilla. Lecker aber nicht vergleichbar mit der Königin der Tortillas (Link Blogtext Rocio). Da kochen wir lieber in unserer schönen Wohnung Nudeln mit Tomatensauce und schlafen lange in den herrlichen Betten.
Wir lieben die unscheinbaren Läden. Wieder einmal haben wir herrlich und unkompliziert gegessen. Am Abend geht’s auf die Fähre.
Am nächsten Tag haben wir viel Zeit, bis die Fähre abfährt. Wir suchen ein Restaurant und sind überfordert von dem Überangebot. Das geht uns manchmal so. Wir lesen dann Tipps und suchen und suchen und nachher haben wir schlechte Laune, weil alle Hunger haben und wir nicht das perfekte Restaurant finden. “Schluss”, sage ich diesmal entschieden, “wir gehen jetzt hier rein.” Auf dem Schild vor der kleinen Bar mit dem Namen “Taca de cafè” steht: 100 Prozent hausgemacht. Das kann nicht schlecht sein. Wir kriegen einen netten Tisch. Es gibt nur ein paar Gerichte, die ein bärtiger Katalane in der offenen Küche anrichtet: Selbstgemachte Nudeln, Croquetas, Patatas, Linsensuppe, Hühnchen. Die Kinder motzen, dass ihnen nichts schmeckt, dann finden sie es auf einmal köstlich. Vor allem als zum Nachtisch warmer Schokoladenkuchen serviert wird.
Alle sind entspannt und freuen sich auf die Fähre.