Krakau - Königshügel und Drachenfeuer

Der Drache speit Feuer. Alle zehn Minuten schießen aus seinem furchterregenden Mund Flammen. Unsere Kinder jubeln. Das Publikum applaudiert. Wir sind in Krakau, der Stadt der polnischen Könige, aber auch der Studenten, der Rebellen, der Künstler. Einer von diesen Künstlern hat den Drachen geschaffen.

Der Drache von Krakau

Einige Meter hoch ist das eiserne Ungetüm. Jetzt noch ein bisschen warten und er speit Feuer.

Das Untier hauste einst in einer Höhle unter der Stadt und versetzte die Menschen in Angst und Schrecken. Ein Schuster soll das Monster überlistet habe. Er füllte ein Lamm mit Schwefel und warf es dem Drachen vor die Füße. Der fraß es auf und bekam davon so einen Durst, dass er die Weichsel austrank und platzte. Und das ist nur eine der Geschichten, die uns  Agnieszka erzählt. Die Lehrerin spricht perfekt deutsch und ist unsere Stadtführerin.

Stadtführerin mit Kind auf den Straßen von Krakau

Stundenlang laufen wir mit Agnieszka durch die Stadt, die Kinder werden nicht müde, ihr Fragen zu stellen. Und sie weiß auf jede eine Antwort.

Zusammen mit ihr erkunden wir Krakau, schlendern durch die mittelalterlichen Gassen und steigen auf den Wawel. “Jedes Kind in Polen kennt diesen Hügel,” sagt  Agnieszka. “Denn hier wurden alle polnischen Könige gekrönt.” Sie nimmt uns mit in die spannende Geschichte Polens. Drei große Adelsgeschlechter gab es. Die Kinder wollen vor allem alles über die Königin Hedwig wissen. Die junge Frau liebte eigentlich den österreichischen Herzog Wilhelm, musste aber den 30 Jahre älteren Wladyslaw aus Litauen heiraten. Mit 13 Jahren! “Warum das denn?” fragt Lotti empört. “”Es war besser für Polen,” antwortet  Agnieszka.

Familie Hemminger auf dem Wawel

Der Wawel ist voller spannender Geschichten. Agnieszka kennt sie alle.

Sie zeigt uns die Königsgräber in der Kathedrale und führt uns in einen Geheimgang hoch zu den gewaltigen Glocken der Kirche, die größte hat sogar einen Namen: Sigismund und wurde von einem Nürnberger gegosseen. “Berührt das Herz der Glocke, dann dürft ihr euch was wünschen”, rät  Agnieszka.

Alle fünf wünschen sich etwas - was, das bleibt geheim.

Mittags haben wir Hunger und gehen ins Pod Baranem. Eine Institution in Krakau, hier essen die Künstler und Schriftsteller. Auf dem Boden liegen Teppiche, an der Wand hängt Kunst. Der Ober im Anzug serviert Wildtatar vom Reh mit Preiselbeermarmelade und sauren Hering. Und Suppe,  Zurek heißt sie. Sie besteht aus vergorenem Roggenmehl, angereichert mit Wurst und Sahne. “Diese Suppe wird vor allem an Ostern gegessen", erklärt Agnieszka.

Kinder im Restaurant

Travel&Taste - die Kinder können inzwischen Speisekarten in vielen Sprachen lesen.

Danach gibt es gefüllte Kohlroulade mit Pilzsauce, Rote Bete, süßes Sauerkraut und Karottensalat. Dazu Kartoffeln. Die Kinder stürzen sich auf den Malianak, den Himbeerkuchen. Patrick nimmt die Eierlikörtorte mit Sahne. Ein üppiges Mittagessen, ehrlich gesagt, platzen wir fast.

Nachmittags sind wir in Kazimierz unterwegs, dem jüdischen Viertel Krakaus, in dem wir auch wohnen. Unser Hotel Golden Tulip liegt mittendrin und ist ein hervorragender Ausgangspunkt.

Straßenszene im Kazmierz Viertel in Krakau

Schön ist es hier - und die Geschichte allgegenwärtig.

Agnieszka führt uns zur Szeroka Straße auf einen kleinen Platz. Klezmer Musik ertönt, die Häuser sind bunt, Touristengruppen gehen vorbei. Einst war Kazimierz eine eigenständige Stadt, sagt Agnieszka. Gegründet von Kazimierz, also Kasimir dem Großen wurde es erst 1800 eingemeindet. Im Laufe der Jahrhunderte zogen viele Juden aus ganz Europa hierher, weil sie woanders verfolgt wurden. Krakau wurde zu einem Zentrum des Judentums, bis die Deutschen 1941 einmarschierten.

Straßenszene in Krakau

Agnieszka erzählt von den dunklen Zeiten.

An einem Gedenkstein halten wir. “Der steht für die 64 000 Menschen, die damals gezwungen wurden, in das Ghetto im Stadtviertel Podgorze umzusiedeln.” 64.000 Menschen, das war ein Viertel der damaligen Stadtbevölkerung! Die meisten wurden deportiert und ermordet. Nur wenige überlebten, auch dank Oskar Schindler und seiner berühmten Liste. “Steven Spielberg hat hier gedreht”, Agnieszka zeigt uns die Schauplätze. Auch das hat für einen Touristenboom in Krakau gesorgt. Wir besuchen die Remuh Synagoge und reden mit den Kindern über das Judentum und die schrecklichen Verbrechen der Deutschen. Danach sind sie lange still.

Kazmierz in Krakau, Straßenzene

Der Platz Nowy ist quirlig, lebendig und ein Treffpunkt für hungrige Touristen und Einheimische.

Auf den Gassen von Kazimierz ist an diesem Abend viel los. Diese Ecke der Stadt ist mittlerweile ein Ausgehviertel mit Bars, Cafés und Restaurants. Auf dem Platz Nowy gibt es zahlreiche Buden, die Zapiekanka anbieten, eine überbackene Baguettehälfte mit Zwiebeln und Champignons. Polnische Pizza wird sie auch genannt. Wir gehen lieber ins Bazaar Bistro. Dort machen die Betreiber das Brot selber. Endlich wieder Sauerteig. Wir essen hausgemachte Gurken und Kartoffelknödel. Es gibt sogar polnischen Wein auf der Karte. “Den Rotwein empfehle ich euch nicht,” sagt die freundliche Kellnerin. “Der ist zu sauer.”

Also nehmen wir den weißen Solaris und freuen uns auf den nächsten Tag. Denn da will uns Szymon mitnehmen und die polnische Foodszene zeigen.

Anna Hemminger und Patrick Hemminger mit ihrer Stadtführerin Agnieszka in Krakau

Danke, liebe Agnieszka!


Disclaimer: Das Referat für Tourismusmarketing der Stadt Krakau hat uns für diese Tage in der Stadt eingeladen. Übernachtungen, Essen und Stadtführungen wurden bezahlt.

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Polen - Abenteuer zwischen Sauerkraut und Birkensaft