Geheimtipp Thessaloniki - Essen bis Sonnenuntergang
Eigentlich mögen unsere Kinder große Städte gar nicht. Doch bei Thessaloniki ist das anders. Schon das Apartment, das wir gemietet haben, finden sie großartig. Es liegt in der Altstadt Ano Poli, hoch oben auf dem Hügel. Nebenan rufen die Pfaue des Kosters Vlatadon. Der Blick geht weit über die Häuser auf das Meer. Thessaloniki war schon immer bedeutend, nichts konnte die 315 v. Chr. gegründete Stadt kleinkriegen, nicht die Piraten, nicht die Osmanen und auch nicht die Brände und Erdbeben ihrer Geschichte.
Ankommen in einer neuen Stadt, neue Unterkunft, neue Wege - inzwischen ist das für uns Routine.
Ihr müsst nach Thessaloniki kommen, hatte Anestis Haitidis am Telefon gesagt. Er ist Weinhändler, Unternehmer, Winzer und kennt in Griechenland jeden, der etwas mit gutem Essen oder Wein zu tun hat. “Thessaloniki ist ein Schmelztiegel der Kulturen, hier könnt ihr die Geschichte des Landes schmecken.” Er schickt auch gleich eine ganze Liste von Tipps, organisiert eine Stadtführung für uns und plant Ausflüge ins Umland. Herrlich.
Blick von unserem Balkon. Wir sind voller Vorfreude auf den nächsten Tag.
Los geht unsere Fresstour unten im Zentrum, mit einem lokalen Frühstück bei Giannis. Touristen gibt es hier keine, Kaffee auch nicht, dafür Bougatza, knusprige Blätterteigkuchen mit Schafskäse oder süß mit Vanillecreme gefüllt. Nach drei Schnitten sind alle pappsatt. Wir müssen uns bewegen, schlendern am Hafen entlang. Die Kinder wollen auf das Wahrzeichen der Stadt steigen, den weißen Turm. In der Vergangenheit hieß er auch der blutige Turm, weil die Osmanen dort Gefangene folterten. Gruselig finden wir das und gehen weiter zum Kapani-Markt.
“Da wollen wir hoch. Jetzt.”
“Ok…”
Das ist einer der größten und ältesten Märkte der Stadt und nichts für schwache Nerven. Bei den Schlachtern baumeln küchenfertige ganze Lämmer oder Innereienbündel, Lunge, Leber, Magen alles dabei. Auf den Auslagen liegen Würste und Schweineköpfe. Einer der Männer spricht uns auf deutsch an: “Ich war lange in Deutschland und habe jahrelang geschlachtet. Hier ist es schöner, wir haben das bessere Wetter, das bessere Essen, nur keine Arbeit.”
Mittags haben alle Hunger. Dank der Tipps von Anestis ist das kein Problem.
Anestis nächster Tipp ist um die Ecke: Bombidia Streetfood. Eine Institution in Saloniki, wie die Einwohner ihre Stadt nennen. Seit 40 Jahren werden im Bombidia Souvlakispieße gebraten und Pitas gefüllt. Die Fleischbällchen sind berühmt und werden nach einem Rezept aus Konstantinopel zubereitet - der früheren Hauptstadt des Byzantinischen Reiches. Die Griechen sagen bis heute nicht Istanbul. Dazu gibt es eine Paprikapaste, Tomaten und gegrillten Kefalotyri-Käse. Alles auf Papier serviert. Wir bestellen Retsina dazu. Der geharzte Wein schmeckt überraschend frisch und würzig, ganz anders als das, was wir bislang kannten.
Danke Emma, für diese wundervolle Stadtführung!
Am Nachmittag zeigt uns Emma die Stadt. Sie wohnt auch in Ano Polis gleich um die Ecke und spricht perfekt deutsch. Sie führt uns zur Burganlage Heptapyrgion, die früher ein brutales Gefängnis war. Immer noch zeugen die dicken Mauern und Sicherheitstürme von der düsteren Vergangenheit. Die Kinder hören aufgeregt zu. Wir gehen an den verschiedenen Stadtmauern entlang. Lotti will alles über die byzantinische und osmanische Zeit wissen.
“Thessaloniki war schon immer eine riesige Stadt,” erzählt Emma. “Wer hier neu bauen will, muss immer die Archäologen verständigen. Denn man findet immer etwas.” Die Kinder lernen, dass die Bäcker und Schmiede immer außerhalb der Stadtmauern wohnen mussten, weil sie mit Feuer arbeiteten und das zu gefährlich war. Emma hat so viele Geschichten und Fakten über Thessaloniki, dass die Zeit wie im Flug vergeht. Im uralten Kloster Vlatadon bewundern wir die Pfaue in der Voliere. “Wisst Ihr warum der Pfau so viele Augen hat?” “Klar rufen die Kinder. “Hermes, der Götterbote, hatte Heras Wächter Argos mit den 100 Augen ermordet. Hera hat die 100 Augen genommen und auf die Schwanzfedern ihres Lieblingsvogels gesetzt, den Pfau.”
Der Tag ender mit Naturwein - ganz unser Geschmack
Am Abend treffen wir den Genießer Anestis und seine Frau Stavroula persönlich zum Dinner im Tiffany’s. Nach fünf Minuten haben wir das Gefühl, mit alten Freunden am Tisch zu sitzen. Wir unterhalten uns rauschend bei Kohlrouladen gefüllt mit Fisch, Wildkräutersalat mit Seefenchel, Tintenfisch gegrillt mit schwarzäugigen Bohnen, geschmorten Auberginen mit Nüssen und Rinderbäckchenkroketten. Dazu gibt es griechischen Naturwein.

Für die Kinder hat sich Anestis ein besonderes Schmankerl überlegt. In der Blé Taste Gallery um die Ecke sind Süßigkeiten, Pralinen und Eisspezialitäten ausgestellt. Diese Art Galerie lieben die drei. Sie wählen ein großes Eis und sind glücklich.
Wir beenden den Abend in einer Naturweinbar mit einem griechischen Petnat. Sensationell. Der Laden könnte auch in Berlin sein. Lauter junge Menschen, die Wein trinken, lässige Musik und dazwischen unsere Kinder, die raus und rein flitzen. Niemand wundert sich darüber. Obwohl es schon nach 23 Uhr ist. Schöner und kulinarisch reichhaltiger kann ein Tag nicht verlaufen.
Neue Freunde, im Genuss vereint.
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