Louhans - Wo ist denn nur das Bressehuhn?

“Schaut mal Hühner”, schreit Jakob. Er steht in seiner Rettungsweste auf dem Bug unserer Penichette von Locaboat. Wir denken an ein paar Hühner, doch als wir den Blick wenden, sehen wir hunderte Hennen, wenn nicht tausende, die frei auf der Wiese laufen. Sie sind weiß mit rotem Kamm, scharren und gackern. Manche kommen bis ans Ufer der Seille, um zu trinken. Willkommen in der Bresse Region.

Wir haben Hunger auf Huhn

Wir sind auf dem Weg nach Louhans, der Hauptstadt des Bressehuhns. Die Stadt gehört zu den “Sites remarquables du goût”, also zu den besonderen Orten des Geschmacks in Frankreich. Davon gibt es 71. In Branges fängt es an zu regnen. Und als wir die Kirchturmspitze von Louhans vom Boot aus sehen, gießt es bereits in Strömen.

Regenbogen in Louhans

Auch in Louhans folgt auf Regen Sonnenschein.

Wir legen nicht im Hafen an, wo schon unzählige kleine Schiffe schaukeln, sondern am letzten Steg. Dort gibt es keinen Stromanschluss und kein Wasser. Dafür sind wir alleine. Nur ein alter Angler hält seine Rute ins Wasser. Stolz erzählt er Patrick, dass er erst am Morgen einen Wels aus der Seille gezogen hat. Zum Beweis zückt er sein Nokia Tastenhandy. Und was macht er jetzt mit dem Wels? “Na braten, dazu kleine Kartoffeln und eine Persillade, die klassische Marinade mit Petersilie, Knoblauch und Schalotten.”

Hühner, Hühner und nochmals Hühner. Dazu Kaninchen und Jagdhunde - für diesen Markt verschieben wir den Schulunterricht an Bord auf den Nachmittag.

Am Montag ist der Geflügelmarkt in Louhans, der größte in der ganzen Region. Seit dem Mittelalter gibt es diesen Markt. Denn Louhans war schon immer ein bedeutendes Handelszentrum. Unter den Arkaden der Altstadt verkaufen Händler Kleider und Hüte, an der Kirche Gemüse, Salami, Käse und Honig. Und etwas außerhalb kommt endlich das Geflügel. Die Kinder sind nicht mehr zu halten, als sie die Käfige sehen und das Gackern, Schnattern, Krähen und Piepsen hören: Da gibt es Hühner in allen Farben, Tauben, Enten, Wachteln und Truthähne. Ein prachtvolles Gänsepaar steckt seinen Kopf durch Gitterstäbe. Und daneben steht ein Käfig mit winzigen gelben Küken. Auch Kaninchen werden verkauft, die wegen ihres feinen Fleisches in Frankreich zum Geflügel zählen.

Bressehühner auf dem Markt von Louhans

Lebendig sehen sie schon nett aus - aber wo finden wir sie lecker zubereitet?

Das Bressehuhn ist besonders. Rot der Kamm, weiß das Gefieder, blau die Füße, wie die französische Nationalflagge. Sie sind durch das AOC Gütesiegel geschützt und unterliegen strengen Aufzuchtregeln. Ein wettergegerbter Bauer erzählt uns, dass seine  Küken bereits mit einem Monat nach draußen auf die Wiese dürfen. Jedes Tier hat zehn Quadratmeter Platz. Und was fressen die Hühner?

Und dann sehen die Kinder die Hundewelpen

“Sie bekommen nur Mais und Buchweizen,” sagt der Bauer. Ob wir eines mitnehmen wollen? Wir schütteln den Kopf. Die Kinder bitten und betteln. Nur ein kleines Küken für die Autofahrt. “Wir kümmern uns auch darum,” sagen sie. Aber dann entdecken alle drei den kleinen Auslauf mit Hundewelpen. Wachtelhunde. Sie tapsen auf die Kinder zu und Fine, Lotti und Jakob sind sofort verliebt. “Wie süß,” und “Mama, den kleinen Gescheckten, den müssen wir haben.” “Nein, lieber den braunen.” Der Züchter tippt auf seinem Handy herum und bekommt unsere Liebe Gott sei Dank nicht mit. 700 Euro kosten die kleinen Hunde.  Und sie sind wirklich entzückend. Aber jetzt auf der Reise? Einen kleinen Jagdhund? Den wir auch noch erziehen müssten? Nein, es geht einfach nicht. Die Kinder sind sauer und traurig und quengeln den ganzen Weg zurück.

Wo können wir denn nur dieses herrliche Bressehuhn probieren? Bei den Grillständen auf dem Markt werden nur “normale” Hennen gebrutzelt. Das Restaurant Arlequin hat ein wunderbares Menü auf der Karte mit dem Hauptgang: “Volaille de Bresse, sauce au foie gras et Vin Jaune.” Bressegeflügel mit Gänselebersauce und Vin Jaune, einer Weinspezialität aus dem Jura. Wow. Das nehmen wir einmal. Geht leider nicht. Das Restaurant ist am Mittag komplett ausgebucht. Um die Ecke soll es in der traditionsreichen L’Auberge de l’Europe viele Spezialitäten vom Bressehuhn geben. Das stimmt. Aber die werden nur am Abend serviert. Mittags gibt es langweiliges Rind.

Wir wollen Huhn!

Letzte Möglichkeit: Das Restaurant La Poularde, übersetzt das Restaurant des jungen Masthuhns. Der Chef ist sehr freundlich. Wir bekommen einen schönen Tisch nach hinten raus. Die Kinder können spielen, während wir die Karte studieren und dabei einen Crémant de Bourgogne trinken. Das Bressehuhn steht auf der Karte, auch hier mit der Gänselebersauce und Jurawein. Wir wollen es gerade bestellen, da sagt die Kellnerin: “Das Bressehuhn ist leider aus.” Das gibts doch nicht. Was sollen wir machen?

Lecker war's - auch ohne Bressehuhn.

Wir nehmen das Menü l´inspiration mit Geflügel in Blätterteigtasche und einer köstlichen Wurst aus Toulouse. Und die Kinder bestellen zweimal die frischen Bratkartoffeln nach. Zum Nachtisch Fromage Blanc. Das ist weder Quark noch Joghurt, sondern ein cremiger Käse, der gelöffelt wird. Köstlich. Und das Bressehuhn? Das lassen wir erstmal leben.

Disclaimer: Wir haben das Hausboot von Locaboat umsonst zur Verfügung gestellt bekommen.

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