Mani - einsam, schroff und sehr lecker

“Hier haben mal Menschen gewohnt?”, die Kinder können es nicht fassen. Wir stehen in Vathia, einem verlassenen Dorf auf der Mani, dem mittleren Finger der Peloponnes. Um uns herum eingestürzte Häuser. Ach was Häuser, Wohntürme, die teilweise mal zwanzig Meter hoch waren. 

Das Dorf Vathia auf der Peloponnes

Vathia, einst stolze Siedlung, heute verfallen und fast ganz verlassen.

Die Mani hat alles, was unsere Phantasie beflügelt. Die Berge sind hoch und karg, Esel laufen über die Straßen.  Überall sehen wir Wohntürme, wie kleine Burganlagen. Hier lebten die Menschen bis vor 170 Jahren noch völlig abgeschieden und nach ihren eigenen Gesetzen. Die Gebirgslandschaft war schwer zugänglich. Niemandem gelang es, die stolzen Manioten zu unterwerfen.

Es gab keine Schulen, keine Gesetze. Die tiefgläubigen Menschen regelten ihre Angelegenheiten selbst. Brutal. Die Clans waren oft miteinander verfeindet. Frauen bekamen Kinder und versorgten die Familien. Männer zeugten den Nachwuchs und brachten sich am helllichten Tag auf der Straße gegenseitig um - etwas verkürzt dargestellt.

drei Kinder auf der Mani, blicken aufs Mittelmeer

Schroff und einsam, karg und wild - das ist die Mani. Sofort zieht uns diese Landschaft in den Bann.

Die meisten Häuser, an denen wir vorbeikommen, sind verrammelt. Jetzt, im März, ist die Mani noch einsamer als sonst. Wobei sie jetzt am Schönsten ist. Überall blüht und summt es. Zwischen den niedrigen Sträuchern und kleinen Olivenbäumen, die überall dort wachsen, wo der gnadenlose Wind nicht alle Erde mitgenommen hat. Last Gas Station steht auf einem Schild neben der Straße. Wir biegen auf eine kleine Straße ab, die uns in den Ort Stavri führt. Dort führt seit einigen Jahren Stavriani ihr Restaurant Asparsi

Die Köchin hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, bevor sie sich in ihren Geburtsort Stavri zurückzog und ihren eigenen Laden eröffnete. Durch ein großes Fenster blicken wir in die Küche, als wir über die Terrasse auf den Eingang zugehen. 

Stavriani Zervakakou in der Küche des Restaurants Asparsi

Stavriania liebster Ort: die Küche des Asparsi.

“Ich erinnere mich noch gut an meine Urgroßeltern,” erzählt Stavriani in ihrem hellen und freundlichen Restaurant. Es gibt nur drei Tische, die Küche ist offen, wir können jeden Handgriff der Köchin sehen. Sie hat wilde, schwarze Locken und ein offenes Lachen. “Die Frauen in der Familie haben alles selbst gemacht. Ich habe sie niemals mit einem Glas Wein in Ruhe am Tisch sitzen sehen.”

Sie bringt die Karte. "Die schreibe ich immer erst eineinhalb Stunden, bevor wir öffnen”, sagt sie. Was drauf steht, hängt davon ab, was ihre Produzenten ihr liefern können. Heute dreht sich alles um das Thema Meer. Wir bestellen Sauerteigbrot mit Lupinen und Oliven, frisch marinierte rote Shrimps mit goldenem Zackenbarsch, gegrilltes und geräuchertes Wildgemüse mit Fischrogen, eine Fischsuppe, Ofenkartoffel mit geräucherter Forelle, hausgemachte Makkaroni mit Oktopus, dazu einen salzigen, mineralischen Weißwein aus der Gegend.

“Lupinen sind hier etwas ganz Besonderes”, sagt Stavriani über die kleinen, gelben Bohnen. “Während und nach dem Zweiten Weltkrieg litten die Menschen hier Hunger, und die Lupinen haben sie gerettet.” Die Bohnen sind sehr nahrhaft und wachsen auch auf dem kargen Boden der Mani. Man kann sie kochen oder in einem engmaschigen Netz einige Tage lang ins Meer legen. Das salzige Wasser macht sie ebenfalls weich und bekömmlich. “Nur machen sie dich dann auch ein bisschen high”, sagt sie und lacht. “Aber keine Sorge, diese hier sind gekocht.”

Wir schauen Stavriani zu, wie sie mit ruhigen Bewegungen in der Küche einen Teller nach dem anderen zubereitet und uns bringt. Das hat nichts zu tun mit dem Essen, das wir sonst in den von uns so heiß geliebten Tavernen serviert bekommen. Auf jedem Teller sind die Aromen perfekt aufeinander abgestimmt, feine Säure ist meist das dominierende Element und macht jedes Gericht frisch und lebendig.

Das Mittelmeer, gesehen von der Mani aus

Das Meer spielt heute die Hauptrolle in Stavrianis Küche.

Nach dem Essen setzt sich die Köchin zu uns und erzählt aus ihrem Leben. Sie hat internationale Beziehungen in Istanbul studiert. Viel lieber als in die Hörsäle ging sie aber auf Märkte und stand in der Küche. “Ich wollte etwas tun, was mich und andere glücklich macht”, sagt sie. Und so traute sie sich, besuchte die Kochschule in Istanbul und bekam bald die Chance ein eigenes Restaurant zu führen. Der Laden war angesagt, die Kritiker begeistert.

Doch Stravani zog es zurück auf die Mani. In einem Hotel übernahm sie die Küche, wieder wurde sie mit Preisen überhäuft. Und dann wurde es 2021 Zeit, ihr eigenes Ding zu machen, das Asparsi in Stavri. Die Küche ist streng regional und saisonal. Sie kocht das, was ihre Landwirte ihr bringen.

Ein Straßenschild auf der Mani

Dieses Schild sollte man beachten. Danach kommt nur noch sehr viel Landschaft.

Die Einheimischen beäugen sie kritisch - ohne jemals bei ihr zu essen. Ein Besuch im Asparsi sein unfassbar teuer, erzählen sie (stimmt nicht) und von den Portionen werde man nicht satt (stimmt auch nicht), die üblichen Vorurteile gegen die gehobene Gastronomie eben. Dabei ist Essen für Stavriani so viel mehr. Sie unternimmt Wanderungen mit ihren Gästen, bei denen sie über die Geschichte der Mani erzählt, zu den Plätzen führt, die ihr wichtig sind. “Natürlich gibt es dann ein paar sehr gute Dinge zu essen”, sagt sie. “Es geht um die Verbindungen der Menschen untereinander. Darum, dass wie die Päckchen teilen, die jeder im Leben zu tragen hat.”

Anna und Patrick Hemminger vor dem Restaurant Asparsi auf der Mani, Peloponnes, Griechenland

Was für ein Abend! Fantastisches Essen, großartiger Wein und tolle Gespräche. Danke, Stavriani.

Zurück
Zurück

Pelei - Verfallene Steinhäuser und große Gastfreundschaft

Weiter
Weiter

Koroni - Rückkehr nach 29 Jahren