Zurück zu den Wurzeln Albaniens - Altin Prengas kulinarisches Paradies
Das Mrizi i Zanave ist ein magischer Ort. Der Name bedeutet “Mittag der Feen” nach einem gleichnamigen Roman eines berühmten albanischen Schriftstellers. Und wir kommen uns auch vor, wie in einem Feenland, als wir auf den Parkplatz des Hofes rollen. Unter einer großen Pergola sind Tische gedeckt. Kellner in weißen Schürzen eilen umher und servieren Köstlichkeiten. Teller mit hausgemachtem Käse, selbst geräucherter Wurst, eingelegten Okraschoten und Burek gefüllt mit Kürbis oder Brennnesseln und Lauch.
Wein und Speisen munden ganz hervorragend.
Das Mrizi i Zanave ist im ganzen Land bekannt. Denn der Gründer Altin Prenga nutzt nur lokale Produkte und kocht mit seinem Team alte albanische Rezepte.
Staunend sitzen wir an unserem Tisch, trinken Granatapfelsaft, probieren die Vorspeisen und sehen uns um. Albanische Familien, Paare, Freunde tafeln im Sonnenschein. Der ganze Parkplatz ist voll mit Autos. Jeden Tag kommen mehr als 500 Menschen, um das Menü von Altin Prenga zu probieren. Das kostet rund 15 Euro pro Person. Dem Chef ist es wichtig, dass sich das Essen jeder leisten kann, vor allem die lokale Bevölkerung. Als Hauptspeise gibt es hausgemachte Pasta, geschmorte Ziege und Huhn. Das Fleisch ist zart. Es schmeckt köstlich.
Jakobs Lieblingsplatz. Und auch Patrick hat seinen Spaß.
Die Kinder können nicht lange sitzen bleiben. Sie rennen zu den Gänsen, die auf dem Feld schnattern, und zu den Ziegen, die sie mit Maiskolben füttern. Am schönsten ist der Bauernhofzug. Hinter einem Traktor hängt eine Reihe von aufgeschnittenen, alten Metallfässern, unter die Räder geschweißt sind. Alle zehn Minuten erhebt sich ein freundlicher Herr von einer Bank, startet den Traktor und zieht unter dem Gejohle der Kinder die Fässer über den Hof.
Altin Prenga ist Koch, Bauer, Unternehmer und vor allem eins: Visionär.
Am nächsten Morgen lernen wir Altin Prenga kennen. Ein freundlicher großer Mann mit herzlichem Lachen. Er zeigt uns den Hof. “Als wir 2010 hier angefangen haben, gab es nicht mal eine geteerte Straße", sagt er. “Niemand kannte mehr die alten Rezepte, wir haben Großmütter angestellt, damit sie uns die Gerichte zeigen.” Der 45 jährige Albaner hat lange in Italien gelebt, bis er sich entschloss, in sein Heimatland zurückzukehren und zusammen mit seinem Bruder eine sich selbstversorgende Farm mit Restaurant zu gründen.
Altins Geschichte klingt wie ein kulinarisches Märchen.
“Am Anfang haben uns die Leute für verrückt erklärt, dass wir hier im Nirgendwo ein Restaurant eröffnen.” Mittlerweile arbeitet Altin Prenga mit 400 Farmern zusammen und hat 100 Mitarbeiter. Es gibt im Mrizi i Zanave eine eigene Käserei, eine Mühle mahlt das Mehl für das Brot, Wurst und Fleisch werden selbst geräuchert. “Die Bauern in der Gegend haben meistens nur wenige Tiere. Jede Ziege, jedes Rind schmeckt anders.” In den Produktionsräumen werden Marmeladen eingekocht, Früchte, wilde Feigen. Es duftet köstlich.
Der Käse wird selbst gemacht, anschließend im Restaurant serviert und im Hofladen verkauft.
Seit ein paar Jahren macht Altin Prenga auch eigenen Wein. Shesh und Kallmet heißen die heimischen Rebsorten. Wir sitzen mit ihm im Weinkeller und probieren alle Flaschen durch. Der Rose schmeckt frisch und leicht, die Roten haben viel Charakter und passen perfekt zu dem hauchdünnen Schinken, den Altin Prenga uns dazu reicht. Natürlich aus eigener Produktion.
“In den Jahren der kommunistischen Diktatur wurde uns das Recht verwehrt, Bauern zu sein. Der Staat hat alles geregelt. Es gab nur Arbeiter in der Landwirtschaft, keine Bauern.” Das ganze alte Wissen ging verloren. Altin Prenga will es wiederentdecken und bewahren. Und es ist mehr als das. Altin Prenga gibt den Albanern ihre Wurzeln zurück. Oder wie er sagt, ihre Seele, ihre Würde.
Die Spuren der Vergangenheit sind überall sichtbar. Altin versteckt sie nicht, er sieht sie als Mahnung für die Gegenwart.
Mit Erfolg. Menschen aus ganz Albanien pilgern ins Mrizi i Zanave, um hier ein paar Stunden zu verbringen, sehr gut zu essen, sich von den Mitarbeitern den Hof zeigen zu lassen und später im Hofladen einzukaufen. Vergleichbar guten Käse oder Wurst haben wir in ganz Albanien nicht gefunden.
Am Nachmittag sitzen wir satt und zufrieden vor unserer Unterkunft und können uns nicht mehr vorstellen, jemals wieder etwas zu essen. Wir haben eine Holzhütte beim Nachbarn gemietet, einem Landwirt. Die Tochter und ihre Freundinnen sprechen perfekt Englisch und spielen auf der Wiese mit unseren Kindern Fußball.
Unser kleiner Nachmittagssnack.
Da eilt der Besitzer heran. Ob wir einen Kaffee wollen? Wir winken lächelnd ab. Für uns ist es zu spät für Kaffee. Dann einen Raki? Und schon ist der Mann wieder verschwunden. Er kommt mit zwei großen Gläsern Raki zurück. Dazu zwei hartgekochte Eier und hausgemachten Käse. Da können wir nicht nein sagen. Wir stoßen an.
Auf Altin Prenga, auf das Mrizi i Zanave, die Feen und den schönsten Ort in Albanien.
Selten waren wir abends so satt und zufrieden.