Hamburg - Fischbrötchen und St.Pauli
Die Grenze ist erstaunlich unspektakulär. Ein kleines Schild am Rand der Autobahn Bundesrepublik Deutschland - und dann sind wieder wieder da. Im Auto ist es still. “Da sind wir wieder”, sagt Anna. “Wie fühlt ihr euch Kinder?” “Gut”, kommt es von der Rückbank. “Kannst du jetzt bitte das Hörspiel wieder anmachen?”
Anna und ich schweigen, sehen uns an. Elf Monate lang sind wir durch Europa gereist, sind tausende Kilometer gefahren, haben in fast 60 verschiedenen Unterkünften geschlafen, jeden Tag gegessen, getrunken und darüber geschrieben. Wochenlang habe ich darüber nachgedacht, wie diese Rückkehr wohl sein wird, wie emotional, wie seltsam, wie rührend. Doch dann ist es einfach ein weiterer Kilometer Autobahn, der hinter uns liegt. Und nun?
Nieselregen in Hamburg - willkommen zurück in Deutschland.
Enden soll die Reise in Holland, dort wo sie vor elf Monaten begann. Aber die Etappe ist zu weit und so geht es erstmal nach Hamburg. Dort, zwischen Elbe und Reeperbahn wohnt Onkel Thomas. Jakobs Patenonkel und ein guter Freund von uns allen. Bei ihm werden wir zwei Nächte verbringen.
Es nieselt, als wir in die Stadt fahren, kalter Wind pfeift durch die Straßen. Thomas arbeitet noch und so erkunden wir die Stadt. Nicht weit entfernt liegt die Elbphilharmonie. Die Kinder sind begeistert von dem imposanten Bau. “Komisch, dass alle um mich herum wieder Deutsch sprechen”, murmelt Lotti.
Von der Elbphilharmonie geht der Blick weit über Hamburg und den Hafen.
Als Thomas endlich Feierabend hat, setzen wir uns im Portugiesenviertel auf drei Bier und drei Limo in ein Restaurant. Wehmütig blicken wir auf die Karte - all diese Gerichte haben wir ein paar tausend Kilometer entfernt von hier gegessen. Schnell ziehen wir weiter und ich koche bei Thomas zuhause unseren Klassiker fürs Ankommen Nudeln mit Tomatensoße.
Schiff ahoi! Wir sind unterwegs auf der Elbe.
Am nächsten Vormittag will ich den Kindern eine weitere Attraktion der Stadt zeigen: die Linienschiffe, die über die Elbe fahren. Die Kinder sind begeistert, dass sie mit einem normalen Ticket, das auch für den Bus gilt, Schiff fahren können. Der Wind weht uns ins Gesicht. Links liegt der Hafen, rechts die Stadt. Zu Gast im eigenen Land, das hat auch was. Nur das Gemecker der deutschen Touristin hinter uns nervt. Wir steigen lieber aus und Thomas führt uns zum Beach.
Prost Hamburg. Zu Gast im eigenen Land.
Direkt an der Elbe gibt es einen künstlich aufgeschütteten Sandstrand und zwei herrliche Bars. Wir trinken Astra und schauen den großen Kähnen zu, die hier ankommen und abfahren. Wellen schlagen an den Strand, wo die Kinder eine Sandburg bauen. Sie lernen sofort Gleichaltrige kennen. Die glauben ihnen nicht, dass sie ein Jahr gereist sind.
Die Kellnerin bringt Fischbrötchen und Pommes. Deutschland fühlt sich so vertraut und fremd zugleich an. Wir reden und reden und Thomas hört zu. Das hat in diesem Jahr manchmal gefehlt: Freunde.
Onkel Thomas, ein Freund der ganzen Familie.
Freunde, die da sind, zuhören - und abends sich die Kinder schnappen und mit ihnen ins Miniaturwunderland abdampfen und uns Eltern drei Stunden lang allein lassen. In der St. Pauli Weinbar sitzen Anna und ich uns gegenüber. In diesen Stunden reden, lachen und weinen wir ein bisschen.
Etwas Großes geht zu Ende. Und wir hätten die Erfüllung dieses Lebenstraums jeweils ohne den anderen nicht geschafft.